NotwendigkeitNecessity

Notwendigkeit

Die bisherigen Ausgaben auf Basis von Edirom beweisen, dass es digitale Editionen ohne eine (vollständige) Codierung der Inhalte geben kann. Dennoch ist eine solche Codierung notwendig, um die Möglichkeiten des Mediums zu nutzen und überzeugende Ausgaben vorzulegen. Es ist unstrittig, dass jedes Lesen eines Notentextes, ebenso wie jede darauf basierende editorische Entscheidung, subjektiv ist. Durch eine vollständige Codierung aller editionsrelevanten Quellen wird diese Subjektivität festgeschrieben: Indem der Notentext in einer streng formalisierten Terminologie wiedergegeben wird, wird die Deutung jedes einzelnen Zeichens durch den Editor nachvollziehbar. Trifft er auf mehrdeutige oder unklare Passagen, so kann auch diese Unsicherheit in formalisierter Form als Bündel an denkbaren Interpretationen, ggf. zusammen mit einem Kommentar beschrieben werden. Nach diesem Prinzip lässt sich der gesamte Entstehungsprozess eines Edierten Textes nachvollziehen. Für den Editor bedeutet dies eine größere Kontrollierbarkeit seiner Arbeit, während er gleichzeitig vom Zwang zur Festlegung auf nur eine Interpretation befreit wird. Auf diese Weise dokumentiert eine solche Ausgabe nicht nur den Quellenbefund, sondern auch sich selbst. Erst eine Ausgabe, deren Inhalte vollständig codiert und dem Benutzer auch in dieser Form uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden, bietet größtmögliche Transparenz, wie sie von Beginn an Ziel einer wissenschaftlichen Musikedition war. Während für literarische Texte bereits seit Jahren mit TEI ein Format etabliert ist, welches die entsprechenden Möglichkeiten bietet, wurde im Musikbereich erst in letzter Zeit mit MEI ein Format mit vergleichbaren Möglichkeiten entwickelt. Es bleibt abzuwarten, wann die ersten Ausgaben die hier formulierten Ansprüche umsetzen werden.